[Pressemitteilung] Erbarmungslose Weihnachtsgrüße der Ausländerbehörden

Pressemitteilung
21.12.2020

Erbarmungslose Weihnachtsgrüße der Ausländerbehörden

Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt dokumentierte in den vergangenen Wochen mehrere aggressive Abschiebeversuche der Landesbehörden. Viele Menschen zeigen sich entsetzt angesichts dieser massiven Verstöße gegen Menschenrechte und Humanität.

In den vergangenen Wochen wurden wiederholt Abschiebungen mit drastischen Konsequenzen durchgeführt. Der Flüchtlingsrat stellt ein besonders hartes Durchgreifen der Behörden fest. »Dahinter lässt sich Druck von oben vermuten: Wir erinnern uns, wie sich Bundesinnenminister Seehofer zu seinem 69. Geburtstag über 69 Abschiebungen gefreut hat. Die Vermutung liegt nahe, dass aus seinem Haus nun Anweisung gegeben wurde, möglichst viele Menschen noch vor Jahresende abzuschieben«, so Helen Deffner vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt.

Sammelabschiebungen nach Afghanistan, Nigeria, Gambia und in den Irak in den vergangenen Wochen zeugen vom makaberen Eifer der Behörden, den Ministerwunsch zu erfüllen. Ohne Rücksicht auf Standards von Menschlichkeit wurden die Abschiebungen geplant und umgesetzt. Einige Fallbeispiele verdeutlichen, wie selbst in der Vorweihnachtszeit Familien zerrissen werden:

Eine dreiköpfige Familie aus Syrien wurde aus Burg nach Lettland abgeschoben, obwohl der Vater schwere gesundheitliche Probleme hatte, der Sohn erfolgreich zur Schule ging und die Mutter jahrelang kraftvoll und engagiert für ein Bleiberecht der Familie in Deutschland gekämpft hatte. In Lettland drohen ihnen nun Obdachlosigkeit, rassistische Ausgrenzung und geringe Sozialhilfe.

Aus Haldensleben wurde eine ältere Dame ihrer Familie entrissen und sollte trotz starker gesundheitlicher Probleme nach Armenien abgeschoben werden. Nach dem ersten Flug in die Ukraine wurde mangelnde Reisefähigkeit festgestellt, sodass sie seit mehreren Tagen ohne Geld und Versorgung im Transitbereich des Flughafens ausharren musste.

In Magdeburg sollte eine sechsköpfige Familie – seit 22 Jahren in Deutschland wohnhaft, alle Kindern wurden in Deutschland geboren – ebenfalls nach Armenien abgeschoben werden, während der Maßnahme flohen jedoch die beiden älteren Kinder. Die Polizei brachte die Mutter mit zwei Kleinkindern nichtsdestotrotz in den Flieger, während der Vater verzweifelt nach den Kindern suchte. Die Tochter wurde mittlerweile in einem labilen psychischen Zustand gefunden, vom Sohn fehlt weiterhin jede Spur.

Auch eine Abschiebung aus Bernburg sorgte für große Aufmerksamkeit: Sechs Familienmitglieder wurden – seit insgesamt 26 Jahren in Deutschland wohnhaft, alle Kinder wurden in Deutschland geboren – in den Kosovo abgeschoben, nur der älteste Sohn bleibt zurück.

Die Augenzeug*innenberichte und Dokumentationen zu den Vorfällen haben landesweit zu großer Aufmerksamkeit und Empörung geführt. Unzählige Menschen sind fassungslos über die rigorose Vorgehensweise der Behörden und Polizeibeamt*innen. »Besonders während einer Pandemie ist es schlicht unverantwortlich, Menschen diesem Leid auszusetzen. Menschen kommen nach Deutschland, um hier Schutz zu suchen. Statt sich mit diesen „Weihnachtsgeschenken“ an das rechte Klientel anzubiedern, sollte Deutschland Verantwortung übernehmen und dringend notwendigen Schutz bereitstellen«, so Deffner weiter. »Die einzige konsequente Umgangsweise mit der derzeitigen Situation ist ein sofortiger Abschiebestopp!«

Pressekontakt:
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