PM Landesregierung beschließt Desintegrationsprogramm

PRESSEMITTEILUNG,
Magdeburg, 30.08.2018

Landesregierung beschließt Desintegrationsprogramm

Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt spricht sich gegen den Zwangsaufenthalt von bis zu 18 Monaten in Landeserstaufnahmeeinrichtungen aus

In seiner heutigen Sitzung befasst sich der Landtag mit dem Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Änderung des Aufnahmegesetzes. Dieser beinhaltet eine Verlängerung der »Wohnverpflichtung in der Aufnahmeeinrichtung«.

Asylsuchende sollen nunmehr bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag bzw. im Falle der Ablehnung als offensichtlich unbegründet oder unzulässig bis zur Ausreise/Abschiebung für längstens 18 Monate in den Erstaufnahmeeinrichtungen leben.

»Damit hat sich die Landesregierung für mehr Desintegration und einen massiven Eingriff in die Grund- und Menschenrechte entschieden. Die staatlich verordnete Isolation soll offenbar die Integration der Betroffenen verhindern und will stattdessen die Aufenthaltsbeendigung um jeden Preis forcieren.«, konstatiert Stefanie Mürbe, Sprecherin des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt.

Der Flüchtlingsrat hat die Landesregierung wiederholt auf die (gesamtgesellschaftlichen) Probleme, die eine solche Regelung mit sich bringt, hingewiesen – zuletzt in einer umfangreichen Stellungnahme zum Gesetzesentwurf.

Positiv zu bewerten ist die Berücksichtigung der Lebenssituation von Menschen mit besonderem Schutzbedarf, für die die Aufenthaltsdauer weiterhin für bis zu sechs Monate vorgesehen ist. „Es fehlen bisher jedoch jegliche konkrete Angaben zur Sicherstellung der Identifizierung dieser Bedarfe. Eine Verbesserung bedeutet die Gesetzesänderung für diese Menschen weiterhin nicht, sondern eine Festschreibung des Status quo. Nach der Anhörung sollte eine sofortige Verteilung auf die Kommunen erfolgen. Eine Aufenthaltsdauer von mehr als drei Monaten in einer Erstaufnahmeeinrichtung ist vor allem in Anbetracht einer besonderen Schutzbedürftigkeit nicht zumutbar.“, so Stefanie Mürbe.

Auch der Zugang zur Asylverfahrensberatung vor der Antragstellung und Anhörung muss sicher gestellt werden. „Die Landesregierung muss dafür Sorge tragen, dass jede_r Antragstellende über die Rechte im Asylverfahren vor der Antragstellung informiert wird.“, stellt Stefanie Mürbe fest. „Gute Asylverfahrensberatung macht das Asylverfahren nicht nur fairer, sondern auch effizienter. Verfahrensrelevante Fragen können frühzeitig geklärt und adäquat vorgetragen werden.“, fasst die Sprecherin des Flüchtlingsrat zusammen.

Hintergrund der Änderung ist das »Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht«, welches den Ländern die Möglichkeit einräumt, die Wohnverpflichtung von bisher maximal sechs auf 18 Monate hinauf zu setzen.

»Es besteht keine Notwendigkeit von dieser Regelung – die zum Nachteil der direkt davon betroffenen Menschen und zu gesellschaftlichen Folgeproblemen führt – Gebrauch zu machen. Wir fordern die Abgeordneten des Landtages daher auf, dieser Änderung des Aufnahmegesetzes nicht zu zustimmen.«, so die Sprecherin des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt.

Zur Stellungnahme des Flüchtlingsrates zum Gesetzentwurf zur Änderung des Aufnahmegesetzes

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt | Stefanie Mürbe | Tel.: 0391 50549613

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