[Pressemitteilung] Flüchtlingsrat fordert Landesaufnahmeprogramm für Angehörige hier lebender Afghan*innen

Zum Jahrestag des Falls von Kabul am 15.08.2022:
Flüchtlingsrat fordert Landesaufnahmeprogramm für Angehörige

Am heutigen 15.08. jährt sich bereits zum zweiten Mal die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Noch immer sind unzählige Menschen landesweit in Gefahr und nicht in der Lage, aus dem Land zu fliehen. Besonders Frauenrechtler*innen, ehemalige Ortskräfte und Mitarbeiter*innen der Afghanischen Regierung sind bedroht.

Der Flüchtlingsrat fordert daher erneut die Etablierung eines Landesaufnahmeprogramms anhand der Beispiele aus Berlin, Thüringen, Hessen und Bremen, durch das Angehörige hier lebender afghanischer Geflüchteter nach Sachsen-Anhalt gebracht werden können. »Das Bundesaufnahmeprogramm, auf dem sich Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang seit dem Fall von Kabul immer wieder ausruht, läuft nicht. 1.000 Personen monatlich sollten aufgenommen werden, stattdessen ist bisher noch niemand eingereist! Darauf kann sich das Land nicht weiter zurückziehen – es muss jetzt handeln!« erklärt Helen Deffner vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt.

Für reguläre Familiennachzugsfälle ohne Schnellverfahren sind vor allem die langen Wartezeiten auf Botschaftstermine und die hohen Kosten für die Passbeschaffung eine hohe bis unüberwindbare Hürde. Für Angehörige, die nicht zur Kernfamilie gehören, gibt es keine Option der Familienzusammenführung. Die Folge: Volljährige Söhne und Töchter, verwitwete Mütter und Schwägerinnen bleiben alleingelassen. Eine nun zusätzlich eingeführte Sicherheitsbefragung, die in Pakistan von Mitarbeiter*innen deutscher Sicherheitsbehörden durchgeführt wird, verschleppt das Prozedere zusätzlich zu bereits bestehenden bürokratischen Hürden. Um nach Pakistan fliehen zu können, verkaufen die meisten jeglichen Besitz in Afghanistan. Kein Visum zu erhalten hieße für sie faktisch, in der Falle zu sitzen: Kein Rückweg nach Afghanistan auf Grund nun bekannter sog. „Regimefeindlichkeit“, aber auch kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Pakistan.

Hintergrund: Landesaufnahmeprogramm
Bremen folgte kürzlich auf Berlin, Thüringen und Hessen. Angehörigen erhalten die Möglichkeit, ihre Verwandten nachzuholen, wenn sie den Lebensunterhalt sichern können. Solche Aufnahmeprogramm belasten die Aufnahmekapazitäten der Länder nicht, da die Aufzunehmenden in Wohnungen aufgenommen werden, die die hier lebenden Geflüchteten und ihre Unterstützer*innen bereitstellen.. Somit sind weder Erstaufnahmeeinrichtungen, noch Gemeinschaftsunterkünfte durch Aufnahmeprogramme beansprucht. Auch Asylanträge müssen nicht gestellt werden, weil direkt ein Aufenthaltstitel erteilt wird.

Pressekontakte:
Pressestelle des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt: info@fluechtlingsrat-lsa.de, 0157-38303546



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